Berlin

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Der Bezirk Mitte von Berlin und die Geschichte seiner Ortsteile

Eine eigenständige Geschichte kann der neue Verwaltungsbezirk Mitte von Berlin noch nicht aufweisen. Bis zu seiner Bildung im Jahr 2001 war es über acht Jahrzehnte hindurch die Geschichte seiner heutigen Ortsteile, die sich seit Gründung der Stadt sehr ungleich entwickelt hatten und gerade in den Jahrzehnten nach 1945 höchst unterschiedlich darstellten. Hier, an der nun seit über einem Jahrzehnt überwundenen Trennungslinie der Innenstadt, schieden sich politische und ideologische Welten, die erst seit dem Fall der Mauer 1989 wieder vereint sind.

Mittelalterliche Siedlungen

Berlin und Wedding dürften etwa zur gleichen Zeit entstanden sein. Während allerdings das Dorf Weddinge an der Panke zur Zeit seiner ersten urkundlichen Erwähnung 1251 schon wieder verlassen war, gewannen die Siedlungen an der Spree zunehmend an Einfluss. Die Stadt Cölln, 1237 erstmals in einer Urkunde erwähnt, lag auf der Spreeinsel. Berlin erstreckte sich vom nordöstlichen Spreeufer etwa bis zur heutigen Waisenstraße; dort ist auch noch ein Stück der mittelalterlichen Stadtmauer zu finden.

Ein Teil der Weddinger Feldmark war bis ins 16. Jahrhundert im Besitz von Berliner Bürgern. Auch die große Stadtheide, Terrain des späteren kurfürstlichen Tiergartens und der Siedlung Moabit, gehörte seit dem 13. Jahrhundert zu Berlin und wurde als Viehweide und zur Gewinnung von Brennholz genutzt. Die Städte Berlin und Cölln entwickelten sich bereits im 13. Jahrhundert aufgrund ihrer verkehrsgünstigen Lage und durch die Förderung des Landesherrn zum Haupthandelsort der Mark Brandenburg.

Im 14. Jahrhundert lebten innerhalb der mit fünf Toren versehenen Stadtmauer ca. 8 000 Menschen. Die Verwaltung der Stadt oblag dem vom Landesherrn eingesetzten Schultheiß und dem Rat der Stadt. Die stetig gewachsene Selbständigkeit der florierenden Handelsstadt endete Mitte des 15. Jahrhunderts, als der Landesherr gewaltsam den „Berliner Unwillen“ niederschlug, einen Aufstand der Bürger gegen die Einschränkung ihrer städtischen Freiheiten. Von nun an stand die Stadt unter strenger Kontrolle der brandenburgischen Kurfürsten aus dem Hause Hohenzollern. Sie bauten in den folgenden Jahrzehnten ihre Residenz aus. Ihr Machtzentrum war das Schloss auf der Spreeinsel, dessen erster Bau Mitte des 15. Jahrhunderts fertig gestellt war.

Auch im Umland machten die Kurfürsten zunehmend ihren Einfluss geltend und erwarben systematisch große Ländereien. Die Erträge aus Viehzucht und Fischerei dienten dem Unterhalt des Hofes.

Von der Nutzung der Wälder und Heidegebiete als Jagdreviere zeugen die Anlagen des Tiergartens sowie des Kaninchengartens in der Nähe der heutigen Badstraße im Wedding.

Residenzstadt

Hatte die Stadt ihre politische Selbständigkeit weitgehend eingebüßt, so brachte der Rang einer Residenz doch auch Vorteile mit sich. Die Bevölkerungszahl stieg stetig, neue Behörden wurden eingerichtet, Handel und Gewerbe profitierten langfristig vom Bedarf des Hofes. Trotz dieser Fortschritte nahm die Doppelstadt jedoch bis ins 17. Jahrhundert hinein einen vergleichsweise bescheidenen Rang ein. Auch die 1539 durchgeführte Reformation – für andere Städte der Beginn eines raschen Aufstiegs – änderte wenig an dieser Tatsache. Die Verheerungen des Dreißigjährigen Krieges führten auch in Brandenburg zu wirtschaftlichem Niedergang und Entvölkerung. Bei Kriegsende bot sich ein trostloses Bild: Das Schloss und viele Gebäude wiesen schwere Schäden auf, die neuen Vorstädte waren niedergebrannt, von ehemals 12 000 Einwohnern war gerade noch die Hälfte übrig geblieben. Der Wiederaufbau gelang jedoch erstaunlich schnell. Zur besseren Verteidigung ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620–1688) einen modernen Festungsring anlegen. Berlin wurde zur Garnisons- und Festungsstadt. Als Verbindungsweg zwischen Schloss und dem Tiergarten entstand 1647 die Straße „Unter den Linden“ als sechsreihige Allee von Linden- und Nussbäumen. Das Stadtgebiet wurde nach Westen erweitert: 1662 erhielt der Friedrichswerder, westlich des Spreekanals, einige Jahre später die Dorotheenstadt, zwischen den „Linden“ und der Spree, eigene Rechte und Verwaltungen. 1688 wurde im Gebiet südlich der „Linden“ mit der Anlage der Friedrichstadt begonnen. Die Bevölkerungsverluste suchte man durch aktive Einwanderungspolitik auszugleichen. Ein Jahrhundert nach der gewaltsamen Vertreibung der Berliner Juden aus der Stadt bot im Jahr 1651 der Kurfürst 50 wohlhabenden jüdischen Familien aus Wien erstmals wieder Asyl und Aufenthaltsrecht. 1714 errichtete die neue jüdische Gemeinde in der Heidereuthergasse ihre erste Synagoge. Die größte Zuwanderergruppe stellten die Hugenotten dar, aus Frankreich geflohene Protestanten, denen im 1685 erlassenen „Edikt von Potsdam“ Religionsfreiheit und Starthilfen angeboten worden waren.

Der Zuzug von 6 000 Flüchtlingen bedeutete nicht nur einen erheblichen Bevölkerungszuwachs; das Fachwissen der geschickten Handwerker brachte auch einen nachhaltigen Fortschritt für das Gewerbeleben der Residenz. Während der Regierung des Kurfürsten Friedrich III. (1688–1713) – seit 1701 König in Preußen – erfuhr die Stadt einen beträchtlichen Aufschwung. Das alte kurfürstliche Schloss wurde aufwendig im Barockstil ausgebaut und bildete den Mittelpunkt der „Haupt- und Residenzstadt Berlin“. Auf dem späteren Gendarmenmarkt legte man 1701 die Grundsteine für die deutsche und französische Kirche. Mit dem Zeughaus entstand eines der schönsten heute noch erhaltenen Gebäude des Stadtzentrums.